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Orgelmacher Mathias Martin

Der Gründer des Waldkircher Orgelbaus: Orgelmacher Mathias Martin
Von Prof. Hermann Brommer, Merdingen
1799 verlegte Meister Mathias Martin (1765-1825) seine Orgelbauwerkstatt nach Waldkirch. Mit ihm zog ein begabter und erfahrener Orgelmacher in die Stadt zu, die sich während des 19. Jahrhunderts zu einem Zentrum des Schwarzwälder Orgel- und Orchestrionbaus entwickelte. Mathias Martin kam 1765 im Gebiet der Benediktinerabtei Ettenheimmünster als Sohn des Klosterzieglers zur Welt. Jenes Mönchskloster galt damals als eine Hochburg der Kirchenmusik.
Weitgespannte Beziehungen zu führenden Komponisten und Orgelbauern ließen Ettenheimmünsters Klostermusik zur bedeutendsten in der Straßburger Benediktinerkongregation aufsteigen. Jene Benediktiner erkannten das Talent des jungen Mathias Martin und ließen ihn zum Orgelbauer ausbilden. Nach der Lehrzeit beim Onkel Anton Ohnemus in Mainz trat Mathias 1781 für zwei Jahre in die Werkstatt des berühmten badischen Hoforgelmachers Ferndinand Stieffell in Rastatt ein und arbeitete auch bei Conrad Sauer, dem Silbermann-Nachfolger, in Straßburg. Danach wagte er die Werkstattgründung im Ettenheimer Gebiet. Er versuchte, mit Stimmungen, Pflege- und Reparaturarbeiten ins Geschäft zu kommen. Die Betreuung der Silbermannorgel des Klosters Ettenheimmünster, der großen Riepp-Rabiny-Orgel in der Abtei Schuttern und der Stadtkirchenorgel Ferdinand Stieffells in Ettenheim verschafften ihm intime Kenntnisse der Werkeigenheiten der bedeutendsten oberrheinischen Orgelbaumeister seiner Zeit. Dabei entwickelte sich Mathias Martin nicht zum reinen Nachahmer, sondern er strebte danach, fränkische und französische Orgelcharakteristika zu einem eigenen, für Südbaden typischen spätbarocken Orgeltypus zu vereinigen.
1789/90 ließ er sich in Münchweier zwischen der bischöflichen Stadt Ettenheim und der Abtei im Münstertal nieder. Den ersten Orgelneubau schuf er von dort aus für die Kirche in Schmieheim bei Lahr. Durch den Umzug nach Waldkirch erschloß sich Mathias Martin auch den Breisgau als Arbeitsgebiet. 38 Orgelneubauten verließen seine Werkstatt und trugen ihm einen gewissen bürgerlichen Wohlstand ein. Aus seiner 1787 mit Scholastica Moritz von Achern geschlossenen Ehe gingen drei Söhne hervor, die als Orgelbauer mitarbeiteten und das Unternehmen des Vaters fortführten. Der wohl begabteste unter ihnen, Ludwig Martin (1788-1822), ließ sich 1818 bürgerlich in Freiburg nieder. Die jüngeren Brüder, Franz Josef (1803-1837) und Martin Martin (1805-1837), übernahmen nach dem Tod des Vaters gemeinsam das Waldkircher Orgelbauunternehmen, endeten aber 1837 sehr tragisch.
Was blieb? Orgelinstrumente, die heute zu den historischen Kostbarkeiten unserer Landschaft zählen, wie etwa in Schmieheim, Neuershausen, Altdorf oder Vörstetten. Seine erhaltenen Orgeln. meist einmanualig mit Pedal gebaut, überzeugen nach wie vor durch die soliden, geschickten Werkkonstruktionen, durch ihre schönen, zuerst barocken, später dann klassizistischen Gehäuse und durch ihre klaren, feinen Klangfarben. Daß Mathias Martin dein Orgelbau in Waldkirch eine breite Gasse schlug, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts bis zum Bau von Drehorgeln und Musikspielautomaten hinführte und der Stadtbevölkerung neue Verdienstmöglichkeiten eröffnete, konnte Mathias Martin allerdings 1799 beim Umzug nach Waldkirch noch nicht ahnen.

Quellen:

Bernd Sulzmann, Historische Orgeln in Baden /1980;
Bernd Sulzmann, Orgeln und Orgelmacher in St. Peter /1977;
Bernd Sulzmann, Die Orgelhauerfamilie Martin in Waldkirch im Breisgau /1975;
Bernd Sulzmann, Freiburger Orgelmacher des 17., 18. und 19. Jahrhunderts /1979:
Mitteilungen von Hermann Rambach +. Waldkirch i. Breisgau;
Stadtarchiv Freiburg,
Pfarrarchiv Ettenheimmünster.